Ein Visual Poem von Alexander Giesche und Team nach dem Märchenroman von Michael Ende


zurück ab dem 18.11.2022,
Schiffbau-Halle


Schauspielhaus
Zürich

Ein Visual Poem von
Alexander Giesche und Team nach dem Märchenroman von Michael Ende


zurück ab dem 18.11.2022, Schiffbau-Halle


Schauspielhaus Zürich


Zum dritten Mal beschäftigt sich Alexander Giesche mit seiner Inszenierung von Momo nun mit dem Ende. Nach Der Mensch erscheint im Holozän und Afterhour, die sich mit den apokalyptischen Phantasien der Gegenwart auseinandersetzten und Trauerarbeit sowie Ritual als Wege zu einem alternativen, besseren Ende untersuchten, geht es nun um die endlose Verwertung der Zeit und den Widerstand dagegen. Ein Jahr nach der Veröffentlichung von «Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit» kommt 1973 mit Momo eine literarische Wachstumskritik von Michael Ende in die Welt. Dieser Märchenroman könnte nicht gegenwärtiger sein: Er erzählt von der Verwertung, Verwaltung und Ausbeutung der Lebenszeit zugunsten einer endlosen Anhäufung von Zeit in den Tresoren der grauen Herren. Unter ihrem Einfluss zersetzt sich das Soziale, genährt von einem um sich greifenden Effizienzdruck. Einen Weg raus aus dieser zermürbenden Zeitschleife findet schliesslich das Mädchen Momo, die die einzigartige Gabe besitzt, Zeit zu schenken, indem sie zuhört.


In dieser Chronopolitik, die Michael Ende als Kern seiner Gegenwartsanalyse formuliert, resoniert schon der neoliberale Umbau der Arbeits- und Lebenswelt. Ein Umbau, der nicht zuletzt den kapitalistischen Konkurrenzdruck privatisiert und Arbeiter*innen zur kontinuierlichen, virtuosen Arbeit an sich selbst zwingt. Paradoxerweise wird diese Prekarisierung der Arbeit begleitet von phantastischen Zukunftsprojektionen der «Vectoralist Class», die sich vor durch die Kontrolle von Informationsströme auszeichnet: Im Silicon Valley wird von einer Befreiung der Zeit der Menschheit von der Geissel der Arbeit durch eine fortschreitende Automatisierung fabuliert – und damit vor allem der Wert von Tech-Unternehmen und der Reichtum ihrer Shareholder gesteigert. Selbst das Versprechen einer befreiten Gesellschaft wird auf diese Art verwertet und privatisiert: Die Verheissungen der Zukunft werden an den Finanzmärkten in Wert übersetzt, während die Gegenwart dadurch immer weiter erschöpft wird. Diese fortschreitende Erschöpfung der menschlichen und mehr-als-menschlichen Welt rahmt die Zeit auch in den Kämpfen um Regeneration als knappe Ressource: Auch die Klimaproteste operieren unter Zeitdruck – die Tipping Points erscheinen dabei immer wieder als apokalyptische Frist. Währenddessen erfasst die zersetzende und erschöpfende Logik der Quantifizierung und Verwertung mehr und mehr Bereiche – und lässt auch das Theater nicht unberührt.


Während des ersten Lockdowns und der Black Lives Matter Proteste zirkulierte auf Social Media das Bild eines Graffitis an einem Discounter in Minneapolis auf dem Folgendes zu lesen stand: «Another end of the world is possible.»


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